Microsoft Office zum Kaffeepreis oder die Adobe-Palette nur für unglaubliche 20 Franken: Auf Internet-Markplätzen wie Ricardo oder Ebay tummeln sich Angebote, die nach Betrug schreien. «Produktschlüssel wird innerhalb von 60 Minuten verschickt», verspricht ein Anbieter. Der Selbsttest mit Microsoft Office 2019 zeigt: Die Software funktioniert.
Nach der Zahlung wird eine Mail zugeschickt mit einer Anleitung, einem Download-Link und einem Schlüssel. Ein zweiter Versuch bei einem anderen Verkäufer scheitert beim Freischalten. Diesmal war eine Aktivierung über das Telefon nötig, was nicht geklappt hat. Microsoft ist dieser dubiose Key wohl schon negativ aufgefallen und hat ihn gesperrt. Doch ist das eigentlich legal?
Finger weg von solchen Angeboten
Der Verkauf von «gebrauchter Software» kann legal sein, erklärt Digitalanwalt Martin Steiger auf Anfrage von PilatusToday. Doch er rät davon ab, solche Software zu kaufen. Denn der Käufer müsse damit rechnen, von Rechteinhabern und deren Rechtsanwälten abgemahnt zu werden. In der Regel müsse der Handel eingestellt werden und eine Nachlizenzierung erfolgen und dies könne teuer zu stehen kommen. «Möglich wären auch Strafverfahren wegen Urheberrechtsverletzung, gerade auch bei grösseren Fällen von Software-Piraterie», so Martin Steiger.
Als Käuferin oder Käufer in der Schweiz müsse man in erster Linie befürchten, die Software nicht mehr verwenden zu können. «Möglich ist aber auch, dass man vom jeweiligen Rechteinhaber zu einer kostenpflichtigen Nachlizenzierung aufgefordert wird.»
Verkauf von Software-Schlüsseln auf Ricardo erlaubt
Der Verkauf von Software-Schlüsseln sei grundsätzlich erlaubt. «Ricardo verbietet jedoch den Verkauf von neuen ‹Microsoft Professional Plus›-Lizenzen, da das Verbreitungsrecht beim Hersteller liegt», sagt Mojca Fuks, Mediensprecherin bei Ricardo, gegenüber PilatusToday.
Der Verkauf von Office-365-Accounts auf Ricardo ist auch nicht erlaubt. Denn für diese Konten bestehe kein Eigentumsrecht und diese seien nicht übertragbar, so Fuks.
Die Angebote werden laufend monitoriert mit automatisierten Tools und anhand von externen Meldungen. «Falls ein Angebot gegen die Regeln von Ricardo verstösst, wird es gelöscht und im Wiederholungsfall kann ein Verkäufer verwarnt oder blockiert werden», sagt Fuks.
Bei gebrauchter Software auf seriöse Anbieter setzen
Die Schnäppchen auf Ricardo sind auf Office-Produkte beschränkt. AliExpress hat dubiosere Angebote in petto: Photoshop, Premiere und Lightroom zu einem Sandwich-Preis. Welche betrügerischen Maschen dahinter stecken könnten, sei schwierig zu beurteilen, sagt der Experte. «Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kauft und lizenziert Software bei Anbietern, wo man sich gar nicht erst fragen muss, ob der Preis zu gut ist, um wahr zu sein.»
Wer trotzdem beim Softwarekauf sparen will, sollte auf etablierte Anbieter zurückgreifen. Ein Kennzeichen von seriösen Anbietern sei, dass sie die Vorgeschichte der Lizenzen offenlegen und Verantwortung für die Rechtskonformität übernehmen, erklärt Steiger.