Schweiz

So stark steigen die Krankenkassenprämien 2025

Krankenkassenprämien

«Problem wird auf Patientinnen und Patienten abgewälzt»: Kritik an Prämienerhöhung

26.09.2024, 19:33 Uhr
· Online seit 26.09.2024, 13:52 Uhr
Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider hat um 14 Uhr die Krankenkassenprämien 2025 bekanntgegeben. Die Tarife steigen 2025 im Schnitt um sechs Prozent. Kritik an der Preiserhöhung lässt nicht lange auf sich warten.
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Die Krankenkassenprämien steigen 2025 im Schnitt um sechs Prozent. Die mittlere Monatsprämie wird 378.70 Franken betragen. Das teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstag mit. Damit fällt der Anstieg geringer aus als in diesem Jahr mit 8,7 Prozent.

Erwachsene zahlen 25 Franken mehr

Die mittlere Monatsprämie wird laut BAG berechnet, indem alle in der Schweiz bezahlten Prämien zusammengezählt und durch die Anzahl der Versicherten geteilt werden. Für Erwachsene steigt die Prämie 2025 um 25.30 Franken auf 449.20 Franken. Junge Erwachsene müssen 16.10 Franken mehr und damit neu 314.10 Franken zahlen. Für Kinder steigt die mittlere Prämie um 6.50 Franken auf 117.90 Franken.

Der Anstieg der Prämien erkläre sich durch die steigenden Kosten in der Krankenversicherung, schreibt das Bundesamt. Bereits im Jahr 2023 seien die Kosten stärker gewachsen als im langjährigen Durchschnitt. Das Wachstum lag bei 4,6 Prozent. Im ersten halben Jahr 2024 sind die Kosten nun gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres erneut um 4,1 Prozent gestiegen.

Jetzt ist das Parlament am Zug

Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider betonte bei der Bekanntgabe der Krankenkassenprämien 2025, dass die Schweiz ein sehr gutes Gesundheitssystem habe. «Und ein gutes System hat seinen Preis.» Sie gab sich jedoch überzeugt, «dass es möglich ist, die Kosten zu dämpfen, ohne dass die Qualität leidet». Den Leistungskatalog in der Grundversicherung will sie nicht einschränken, da dies nicht das Problem sei.

Nun müssten alle Akteure dazu beitragen, das System finanzierbar zu behalten und die Kosten zu senken, etwa negative Anreize und Doppelspurigkeiten anzuehen. Dies forderte Baume-Schneider am Donnerstag vor den Medien in Bern. Sie verwies auf laufende politische Massnahmen und stellte klar: «Das Parlament hat es in der Hand, die Kosten zu dämpfen.»

Als Beispiel nannte die Gesundheitsministerin das zweite Paket zur Kostendämpfung, das derzeit im Parlament beraten wird. Erste Massnahmen daraus waren bereits 2023 und 2024 in Kraft getreten. Im zweiten Teil nun sind Massnahmen enthalten wie etwa Mengenrabatte bei Medikamenten, die viel Umsatz generieren. Ferner die Stärkung einer koordinierten Gesundheitsversorgung. Der Bund rechnet mit einem Sparpotenzial von bis zu einer halben Milliarde Franken pro Jahr.

Anfang November sollen an einem runden Tisch mit allen Akteuren der Gesundheitsbranche neue Sparvorschläge besprochen werden.

Ältere Menschen, teurere Medikamente

Für das kommende Jahr erwarten die Krankenkassen laut BAG eine Kostensteigerung von 4,2 Prozent. Neue Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten sowie eine steigende Nachfrage nach Leistungen führten zu diesem Kostenschub. Auch die Verschiebung von stationären Eingriffen in den ambulanten Bereich spiele eine Rolle. Dies sei zwar medizinisch sinnvoll und dämpfe die Kosten insgesamt. Da ambulante Behandlungen jedoch nur von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung finanziert würden, führe die Verlagerung zu einer höheren Prämienbelastung.

Aufgrund der alternden Bevölkerung sowie wegen neuer Therapien und Medikamente werden die Kosten laut BAG auch in Zukunft steigen. Neue Möglichkeiten für Behandlungen seien zwar begrüssenswert. Das Kostenwachstum müsse aber in Grenzen gehalten werden, um das Gesundheitssystem nachhaltig zu finanzieren. «Kostendämpfung ist eine Daueraufgabe, die an verschiedenen Orten von verschiedenen Akteuren immer wieder in Angriff genommen werden muss.»

Anstieg war erwartet worden

Auf Anfang 2024 sind die Reserven der Krankenkassen über die ganze Branche gesehen von 8,5 auf 7,3 Milliarden Franken gesunken. Als wichtigsten Grund nennt der Bund die Tatsache, dass die Kosten 2023 stärker gestiegen sind, als zum Zeitpunkt der Prämieneingabe erwartet wurde.

Noch vor der Medienkonferenz hatten der Krankenkassenverband Santésuisse sowie die Vergleichsdienste Comparis und Bonus.ch einen Anstieg zwischen fünf und knapp sieben Prozent prognostiziert. Als Grund nannten sie etwa Tariferhöhungen für die Leistungserbringer.

Weiterer «Prämienschock»

Kritik für die Erhöhung kommt von den Linken. Flavia Wasserfallen, Ständerätin der SP, sagt: «Die Versicherten müssen einen weiteren Prämienschock hinnehmen. Statt endlich eine Prämiendeckelung einzuführen, oder gegen zu hohe Medikamentenpreise vorzugehen, wälzt die Politik das Problem wieder auf die Patientinnen und Patienten ab und bittet sie einfach noch mehr zur Kasse.» Auch im nächsten Jahr sollen die Prämien weiter steigen.

Gesundheitssystem als «Kartell»

In ersten Reaktionen nach Bekanntgabe der Prämien zeigten sich Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheitswesen und Politik besorgt. So warnte etwa die Stiftung für Konsumentenschutz, die Prämien seien eine enorme Belastung für Haushalte mit tieferen und mittleren Einkommen. Sie stellten ein Gesundheitsrisiko dar, weil immer mehr Menschen aus finanziellen Gründen auf notwendige Behandlungen verzichteten.

Vorschläge und Forderungen für Massnahmen liegen nun einige auf dem Tisch. Der Spitalverband H+ forderte umgehende Reformen und eine faire Finanzierung mit kostendeckenden Tarifen. Der Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, Mitte-Politiker Lukas Engelberger, setzt auf die überregionale Spitalplanung. Der Krankenkassenverband Santésuisse will sofort kostendämpfende Massnahmen einleiten wie etwa die Reduktion der Preise für Medikamente und Laboranalysen.

Für SP und Grüne ist eine gerechtere Finanzierung mit gedeckelten und solidarisch finanzierten Prämien notwendig. Die FDP hingegen will alternative Versicherungsmodelle stärken. Die Mitte kritisierte, das Gesundheitssystem sei zu einem «Kartell geworden, in dem sich die Akteure gegenseitig decken und Kosteneinsparungen verhindern. Die SVP wollte sich am Donnerstag auf Anfrage nicht äussern.

(sda/vro/ben)

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veröffentlicht: 26. September 2024 13:52
aktualisiert: 26. September 2024 19:33
Quelle: ArgoviaToday/PilatusToday

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