Quelle: CH Media Video Unit / Ramona De Cesaris
Alain Berset hat während der Corona-Krise enorm viel geleistet. Der Gesundheitsminister absolvierte ein unglaubliches Arbeitspensum, hielt jeglichem Druck stand, ungeachtet massiver persönlicher Anfeindungen. Sein Kommunikationstalent trug wesentlich dazu bei, dass die Landesregierung die Bevölkerung während der Pandemie mehrheitlich hinter sich wissen konnte. Dreimal bestätigte das Stimmvolk die Corona-Politik an der Urne.
Wenig Fortschritte in den Dossiers
In den anderen Dossiers hat Alain Berset nicht sehr viel erreicht. Die Krankenkassenprämien bleiben ein ungelöstes Problem, ehrlicherweise auch dem Parlament geschuldet. Immerhin bei der AHV wurde ein Schritt vorwärtsgemacht. Dass der SP-Bundesrat die bürgerlich geprägte Pensionskassenreform nicht mehr wird vor dem Volk vertreten müssen, dürfte ihm nicht unrecht sein.
Vom Überflieger zum Abgehobenen
Alain Bersets Amtszeit ist auch geprägt von frivolen Ausschweifungen, die sein Image zunehmend vom Corona-Überflieger zum Abgehobenen korrigierten. Der Erpressungsversuch einer ehemaligen Geliebten – zur Abwehr wurden Bundesbeamte eingesetzt –, sein durch die französische Luftwaffe gestoppter Irrflug, die verhinderte Handyantenne in der Nähe seines Wohnhauses – und nicht zuletzt: die Corona-Leaks.
Vor allem diese mutmasslichen Indiskretionen – das Kollegialitätsprinzip torpedierend – zugunsten eines Medienhauses belasteten das Vertrauen in den Bundesrat sehr, in der Landesregierung war die Stimmung deswegen mitunter miserabel. Diese Affäre wird im laufenden Wahljahr untersucht. Wie Berset am Ende dasteht, ist offen.
Eine Chance für die SP
Unter diesem Aspekt, aber auch in dankbarer Anerkennung seiner Leistungen während der Coronakrise ist der Rücktritt nach zwölf Jahren richtig und konsequent. Nun kann die SP vor den Parlamentswahlen ihr Spitzenpersonal präsentieren. Bersets Rücktritt ist eine Chance für seine Partei und für das Gremium Bundesrat, das unbelastet in die neue Legislatur starten kann.
Um seine berufliche Zukunft braucht sich der relativ jung scheidende Bundesrat mit durchaus staatsmännischem Format keine Sorgen zu machen; seine Talente hat er genügend unter Beweis – oder zur Schau – gestellt.
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