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Ameisen führen chirurgische Eingriffe an Artgenossen durch

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Ameisen führen chirurgische Eingriffe an Artgenossen durch

· Online seit 02.07.2024, 17:33 Uhr
Ameisen sind nicht nur beim Bauen echte Tausendsassas, sondern ach noch in der Medizin. Dies zeigt zumindest eine neue Studie. Gewisse Ameisen amputieren Gliedmassen von Verletzten und versorgen Wunden.
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Ameisen amputieren schwer verletzten Artgenossen gezielt Gliedmassen. Leben retten durch Chirurgie ist damit nicht nur dem Menschen vorbehalten, wie eine neue Studie in der Fachzeitschrift «Current Biology» zeigt.

Die Wahl der Behandlung - Amputation oder Reinigung der Wunde - ist bei den Florida Rossameisen (Camponotus floridanus) der Art der Wunde angepasst, wie das Forschungsteam unter Leitung von Laurent Keller, ehemaliger Professor an der Universität Lausanne, in der Studie zeigte.

Bei Oberschenkelverletzungen beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die Ameisen immer das verletzte Bein amputierten. Bei Schienbeinverletzungen hingegen amputierten sie nicht, sondern säuberten die Wunde mit ihren Beisszangen, den Mandibeln.

Deutlich höhere Überlebensrate

In beiden Fällen führten diese Eingriffe zu einer deutlich höheren Überlebensrate der verletzten Tiere, wie Keller der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Die Art der Pflege scheint laut dem Forscher mit dem Infektionsrisiko zusammenzuhängen.

Der Oberschenkelknochen besteht aus Muskeln, die eine Rolle beim Pumpen des «Bluts» der Ameisen, der sogenannten Hämolymphe spielt. «Bei einer Verletzung des Oberschenkelknochens werden die Muskeln beschädigt, wodurch ihre Fähigkeit, das potenziell bakterienhaltige ‹Blut› zu zirkulieren, verringert wird. Da das Schienbein hingegen wenig Muskelgewebe hat, hat eine Verletzung auf dieser Ebene wenig Auswirkungen auf den Blutkreislauf», erklärte Keller.

40 Minuten für eine Amputation

«Da der Fluss der Hämolymphe bei Schienbeinverletzungen jedoch weniger behindert wird, können sich die Bakterien schneller im Körper ausbreiten als bei Oberschenkelverletzungen», fügte der ebenfalls an der Studie beteiligte Forscher Erik Frank hinzu, der derzeit an der Universität Würzburg (D) arbeitet.

Ameisen brauchen laut den Forschenden mindestens 40 Minuten, um das Bein einer Artgenossin zu amputieren. Bei einer Oberschenkelverletzung haben die Ameisen genug Zeit, das Bein zu amputieren, bevor sich die Bakterien ausbreiten. Bei Schienbeinverletzungen ist dies jedoch nicht der Fall, weshalb die Ameisen die Wunde mit ihren Mandibeln säubern, anstatt das Bein zu amputieren.

Angeborenes Verhalten

Wie aber sind Ameisen zu einer solch ausgeklügelten Pflege fähig? Laut Keller handelt es sich dabei um angeborenes Verhalten. «Obwohl sich das Verhalten der Ameisen mit dem Alter eines Individuums ändert, gibt es heute nur sehr wenige Beweise für ein Lernen», sagte er.

Bereits im vergangenen Jahr veröffentlichte das Forschungsteam um Keller eine Studie zu erstaunlichen medizinischen Fähigkeiten von Ameisen. Darin zeigten sie, dass eine andere Ameisenart, die Metabale-Ameisen, eine spezielle Drüse zwischen den Mandiblen haben, die eine Art Antibiotika absondert, mit denen sie verletzte Artgenossen pflegen. Die Florida Rossameisen sind nicht im Besitz einer solchen sogenannten Metapleural-Drüse.

Ähnliche Experimente wollen die Forschenden nun bei anderen Ameisen durchführen, um herauszufinden, ob Amputationen nur bei Ameisen vorgenommen werden, die die Metapleural-Drüse im Laufe der Evolution verloren haben.

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(sda/roa)

veröffentlicht: 2. Juli 2024 17:33
aktualisiert: 2. Juli 2024 17:33
Quelle: ZüriToday

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