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Nidwalden

Petition gegen Asylunterkunft im «Postillon»: Zwischen Ängsten und Vorurteilen

Nidwalden

Petition gegen Asylunterkunft im «Postillon»: Zwischen Ängsten und Vorurteilen

· Online seit 20.02.2024, 10:47 Uhr
In Nidwalden wurde am Montag eine Petition gegen eine neue Asylunterkunft eingereicht. Über 1000 Menschen wollen die Umfunktionierung des Hotels «Postillon» verhindern. Argumentiert wird mit Ängsten – zurecht?
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Um 14 Uhr überreichte Petitionärin Susan Koller ihre Unterlagen an den Nidwaldner Sozialdirektor Peter Truttmann. 1033 Menschen unterzeichneten Kollers Petition mit dem Titel «Umnutzung 4*-Hotel an Toplage in Unterkunft für 65 Asylanten durch Nidwaldner Regierung» mit. Dennoch war Koller allein unterwegs am Montagnachmittag.

«Ich bin überwältigt, dass so viele Leute gleicher Meinung sind, wie ich», sagt sie im Gespräch mit PilatusToday und Tele 1. Es sei ihr erster politischer Vorstoss dieser Art: «Ich wollte ein Zeichen setzen. Ein Zeichen dafür, dass auch die schweigende Mehrheit mutig sein kann.»

Als mögliche Lösungsalternative zur Umfunktionierung des Hotels Postillon nennt Koller folgendes: «Zuerst sollen doch alle, die für die Umnutzung sind, zum Beispiel Sozialdirektor Truttmann, Asylsuchende bei sich zuhause aufnehmen.» Sie selbst sei dazu nicht bereit.

Von Nidwalden nach Brüssel

Susan Koller ist selbst Migrantin. Sie wanderte für die Familiengründung vor rund 50 Jahren von London in die Schweiz aus. Im Gespräch mit ihr wird klar: Sie ist sich bewusst, dass die eingereichte Petition kaum zu einem Umdenken der Regierung führen wird. Viel mehr ist die Initiantin per se unzufrieden mit der Asylpolitik. «Die Regierung setzt nicht den Willen der Menschen um. Wenn die Mehrheit Ja zum neuen Asylzentrum sagt, dann ist alles gut. Dann akzeptiere ich das, wir sind in einer Demokratie. Aber wir wurden gar nie gefragt», sagt sie.

«Die heutigen Asylsuchenden haben eine komplett andere kulturelle Abstammung. Die Integration wird daher in diesem Ausmass nicht möglich sein. Es sind zu viele, das ist Realität.» Mit ihrem Vorstoss versuche sie daher indirekt eine Wirkung zu erzielen. «So, dass der Kanton gegen die Politik in Bern Widerstand leistet und der Bundesrat Druck in Brüssel macht.»

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Susan Koller erläutert ein Beispiel einer Bekannten, die von einem Asylsuchenden bedroht worden sei und flüchten musste. Bei der Polizei gemeldet hätte diese Person den Vorfall allerdings nicht. «Aus Angst und weil sie dachte, dass sich die Polizei sowieso nicht dafür interessieren würde. Daher ist auch klar, dass die Polizei denkt, dass es nicht problematisch ist. Die Menschen trauen sich nicht zu wehren.»

Behörden kämpfen gegen Vorurteile und Ängste

Es sei nachvollziehbar, dass in der Bevölkerung Ängste und Bedenken vorhanden seien, teilt der Kanton Nidwalden auf Anfrage mit. «Wir dürfen festhalten, dass der Alltag sowohl in den Unterkünften selbst als auch in deren Rayon grossmehrheitlich ruhig verläuft.» Dies habe mitunter mit dem erfahrenen Betreuungspersonal, den Betriebskonzepten inklusive klaren Hausregeln sowie dem Klientel zu tun.

Durch Dialog mit der Nachbarschaft und der restlichen Bevölkerung versuche der Kanton Vertrauen zu schaffen. So könne man auch Fragen betreffend Sicherheit und Betreuung beantworten. «So wurde auch aufgezeigt, dass eine 24-Stunden-Betreuung sichergestellt sein wird und dass die Bewohnenden über die Zonen, in denen sie sich ausserhalb der Unterkunft bewegen können, aufgeklärt werden.» Im Januar informierten die kantonalen Behörden bereits über die Umnutzung des Hotels mittels einer Infoveranstaltung in Buochs:

Quelle: Tele 1

Zudem werde die Polizei erhöhte Präsenz markieren. «Je nach Entwicklung wird diese Präsenz angepasst.» Der Kanton betont allerdings, dass die untergebrachten Geflüchteten häufig in gefestigten Lebenssituationen, eigenständig und im Arbeitsmarkt Integriert seien. «Zuletzt sei auch nochmals daran erinnert, dass die Unterbringung von Geflüchteten ein gesetzlicher Auftrag ist – und der Kanton zusammen mit den Gemeinden alles daran setzt, diesen auch zur Zufriedenheit der lokalen Bevölkerung zu erfüllen», so die Verantwortlichen des Kantons Nidwalden.

Generelle Situation immer wie herausfordernder

Anerkannte Flüchtlinge, vorläufig Aufgenommene und Schutzsuchende mit dem Status S würden in Nidwalden rund 95 Prozent ausmachen. Und diese befänden sich oftmals in einer gefestigten Lebenssituation mit positiven Zukunftsperspektiven, schreibt der Kanton auf Anfrage. Es seien keine besonderen Vorfälle bekannt aus den vergangenen Jahren. Falls die Behörden einschreiten, dann zumeist aufgrund von Streitereien innerhalb der Unterkünfte.

Die Lage im Allgemeinen bezüglich der Unterbringungen sei insgesamt angespannter als noch vor einem Jahr. «Dies hat mit der weltpolitischen Lage und der allgemeinen Asyl- und Flüchtlingssituation zu tun.» Diese würde dazu führen, dass die Schweiz und somit auch der Kanton Nidwalden immer mehr Asylsuchende aufzunehmen hat.

Dank vorausschauender Planung und erfolgreicher Zusammenarbeit mit den Gemeinden könne der Kanton aktuell eine angemessene Unterbringung gewährleisten. Die ungewisse Zukunft, die Prognosen für das laufende Jahr und die erschwerte Rekrutierung von ausreichend Personal stelle allerdings eine immer wie grössere Herausforderung dar.

veröffentlicht: 20. Februar 2024 10:47
aktualisiert: 20. Februar 2024 10:47
Quelle: PilatusToday

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redaktion@pilatustoday.ch