Abends eine Stunde länger einkaufen? Oder die Ladenöffnungszeiten im Kanton Zug doch vollständig liberalisieren? Die Initiative «+1» der jungen Grünliberalen, der jungen SVP und der Jungfreisinnigen gab im Zuger Kantonsparlament im Spätsommer viel zu diskutieren.
Die Kantonsregierung plädierte für eine vollständige Liberalisierung, dem Parlament war schon die Verlängerung um eine Stunde zu viel. Das letzte Wort hat nun das Stimmvolk – voraussichtlich im kommenden März. Aber nur in Bezug auf die Initiative. Denn den Wunsch der Kantonsregierung, auch die Liberalisierung dem Volk vorzulegen, erfüllte das Parlament nicht.
Auch im Kanton Luzern sind die Ladenöffnungszeiten ein heisses Eisen. X-Versuche, das strengste Regime der Schweiz zu liberalisieren, scheiterten. Im Januar 2020 fand im Kantonsparlament eine minime Ausdehnung der Öffnungszeiten eine Mehrheit: Seit dem ersten Mai müssen im Kanton Luzern die Läden erst um 19.00 Uhr statt um 18.30 Uhr schliessen, am Samstag erst um 17.00 Uhr statt um 16.00 Uhr. Im Gegenzug ist aber nur noch ein Abendverkauf pro Woche gestattet.
Kosovo und Ägypten
National die grösseren Wellen schlug aber eine Wahl, und nicht ein Sachgeschäft des Luzerner Kantonsparlaments. Die Legislative kürte am 23. Juni eine Seconda, Ylfete Fanaj (SP), zur höchsten Luzernerin. Fanaj kam als Schulmädchen vom Kosovo in die Schweiz. Die Schweiz sei ein kleines Land, das grosse Träume wahr mache, aber sie könne noch mehr tun, damit ganz viele die grossen Träume leben könnten, erklärte sie nach der Wahl.
Fanaj macht einiges anders als ihre Vorgängerinnen und Vorgänger. So lässt sie in jeder Session eine Person ans Mikrofon, die im normalen Parlamentsbetrieb nicht zu Wort kommt – etwa eine Präsidentin eines Jugendparlaments oder einen Flüchtling. Sie will damit denen eine Stimme geben, die im politischen System kaum gehört werden.
Eine Person mit ausländischen Wurzeln hat auch im Urner Kantonsparlament für hitzige Diskussionen gesorgt. Das Parlament hatte in der Mai-Session über die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an den ägyptischen Investor Samih Sawiris zu entscheiden.
Stanser Strassenstreit
Wenige Tage vor dem längst traktandierten Geschäft sagte der 63-jährige Sawiris in einem Interview, wegen der Corona-Massnahmen des Bundes gingen Milliarden von Franken verloren für ein paar Hundert weniger Tote. Die Äusserung sorgte für Kritik, dennoch machte das Parlament Sawiris trotz Widerstand von Links und Rechts zum Urner Ehrenbürger. Er hat laut der Regierung bislang über 1 Milliarde Franken privater Gelder im Kanton investiert.
Ein Déjà-vu erlebte der Rat bei der Vorlage zur Senkung des Stimmrechtsalters auf 16. Dieses war bereits vor zehn Jahren am Volks-Nein gescheitert, das Kantonsparlament sprach sich nun erneut dafür aus.
In Nidwalden hat das Kantonsparlament 2020 die Kantonsregierung erneut daran gehindert, die Planung der umstrittenen Umfahrungsstrasse Stans West einzustellen. Das Parlament hatte 2016 die Linienführung festgelegt und mehr als eine halbe Million Franken für die Planung beschlossen. Die Regierung war gegen die Umfahrungsstrasse, plante aber wie verlangt, und legte das Ergebnis dieses Jahr dem Parlament vor – mit der Empfehlung, das Vorhaben aufzugeben.
Keine Extremistenanlässe in Schwyz
14 Millionen Franken für 1 Kilometer Strasse mit beschränkter Entlastungswirkung sei zu teuer, erklärte die Kantonsregierung. Die Mehrheit des Kantonsparlaments fühlte sich nicht ernst genommen und genehmigte das Projekt. Dagegen stimmten nicht nur Grüne, sondern auch Freisinnige. Zudem zeigte sich ein «Stadt-Land-Graben». Der Kanton mache Stans mit der Umfahrungsstrasse kein Geschenk, hiess es.
Auf dem Weg zu mehr Transparenz ist der Kanton Schwyz. Während die Kantonsregierung das Transparenzgesetz nach einer Rüge des Bundesgerichts noch einmal überarbeiten muss, gab ihr das Kantonsparlament bereits einen weiteren Auftrag für mehr Transparenz. Es will, dass das Abstimmungsverhalten seiner Mitglieder im Internet veröffentlicht wird und hat einen überparteilichen Vorstoss einstimmig überwiesen. Mit grosser Mehrheit genehmigte es auch ein Veranstaltungsverbot für Extremisten wie Neonazis, das auf privatem und öffentlichem Grund gelten soll. Der Kanton war unter anderem nach einem Ku-Klux-Clan-Auftritt an der Fasnacht in Schwyz in die Schlagzeilen geraten.
Den Weg frei gemacht für das Tourismus-Projekt auf dem Titlis hat das Obwaldner Kantonsparlament. Es segnete den neuen Richtplan ab, sodass die Bergbahnen die Bergstation für rund 100 Millionen Franken neu bauen können. Beteiligt sind die Stararchitekten Herzog & de Meuron. Abgelehnt hat das Parlament dagegen ein Moratorium für 5G-Antennen, wie es Bio-Bauer und SP-Fraktionsmitglied Ambros Albert gewollt hätte.